Melanchthon und die Reformation


Melanchthon's Wirken mit und neben Luther

Melanchthon lebte sich sehr schnell in Wittenberg ein - entscheidend war hier gewiß auch die Begegnung mit Martin Luther. Die Beziehung von Melanchthon und Luther war stets von großer Intensität geprägt. Schon früh war aus der gemeinsamen Arbeit an der Universität eine innige Freundschaft geworden. Wie innig diese Beziehung gewesen, ist mag ein Ausspruch Melanchthons über seinen Freund Luther verdeutlichen:

"Ich würde lieber sterben als von diesem Manne getrennt zu sein."

Luther hatte Melanchthon von der Sache der Reformation schnell überzeugen können. Universitätskollegen, gemeinsame Streiter für die Reformation und Freunde sind sie gewesen. Freundschaftliche Kollegialität (Heinz Scheible) hat ihre Beziehung charakterisiert.

"Ich habe die gemeinsame Lehre den evangelischen Gemeinden wiedergegeben, und ich bekenne, dabei Luther gefolgt zu sein, mit dem ich vieles freundschaftlich besprochen habe."

Luther war von den Qualitäten des jungen Professors früh beeindruckt. Melanchthon führte seine während der Studienzeit begonnenen Studien der Theologie in Wittenberg fort und erwarb einen akademischen Grad in diesem Fach. Er hielt zahlreiche Vorlesungen in den biblischen Fächern und wurde auch in theologischen Fragen ein oft beanspruchter Gutachter.

Von Luther wurde er in die reformatorische Theologie eingewiesen. Melanchthon hingegen lehrte Luther die griechische Sprache. Er war es, der Luther dazu motivierte, die Bibel in ein für das Volk verständliches Deutsch zu übersetzen.
Luther beginnt damit 1521/22 auf der Wartburg. An dieser Übersetzung wird nach seiner Rückkehr nach Wittenberg im Frühjahr 1522 vor allem mit Melanchthon in vielen Stunden mühsamer Arbeit gefeilt. Das Ergebnis dieser Arbeit liegt uns noch heute in der meistgelesensten deutschen Bibelübersetzung vor.

Sein Anteil an der theologischen Fixierung der reformatorischen Bewegung läßt sich also gewiß nicht nur an den "Loci communes" von 1521, der ersten reformatorischen Dogmatik und der Erarbeitung des Augsburgischen Bekenntnisses (1530) festmachen.

Luther urteilte über seinen Freund und Kollegen:

"Dieser kleine Grieche übertrifft mich sogar in der Theologie"

Schon bei der ersten großen Auseinandersetzung zwischen Luther und der katholischen Kirche, der Leipziger Disputation im Jahre 1519, ist Melanchthon zugegen. Er schreibt Luther während dieses Streitgespräches mit Johannes Eck, einem scharfsinnigen päpstlichen Theologen, kleine Zettel mit Bibelstellen, die die Vorrangstellung des Papstes - der Streitpunkt des Gespräches - widerlegen. Eck wird u.a. dadurch so in die Enge getrieben, daß das Gespräch mit einem Remi endet.

Luther über Melanchthon:

"In meinem ganzen Lehramt achte ich nichts höher als den Rat Philipps. Das Urteil dieses einen Mannes und seiner Autorität stehen mir höher als alle schmutzigen Ecke".

Luther, der Prophet unter den Reformatoren, arbeitet unermüdlich an der neuen Theologie - nur fehlt ihm dabei oft die Systematik. Diese Aufgabe übernimmt Melanchthon: er schreibt 1521 die erste gültige Zusammenfassung der reformatorischen Lehre, die "Loci Communes". Luther ist so begeistert von diesem Buch, daß er es gar in die Bibel aufnehmen möchte.

Loci communes. Erste Zusammenfassung der
evangelischen Glaubenslehre von 1521; später
mehrfach ergänzt und nachgedruckt

Auf dem Reichstag zu Augsburg im Jahre 1530 vertritt Melanchthon die Sache der Reformation, da Luther wegen des über ihn verhängten Banns Kursachsen nicht verlassen kann. Die Schwierigkeiten der Verhandlungen mit der katholischen Seite bewältigt Melanchthon meisterhaft. Gewiß hat er sich hier manches mal sehr kompromißbereit gezeigt, was ihm die Kritik einiger seiner Zeitgenossen einbrachte. Luther jedoch war mit den Ergebnissen der Verhandlungen zufrieden und hatte nichts an dem Vorgehen Melanchthons auszusetzen.
Melanchthon verfaßte anhand verschiedener vorbereiteter Schriften und der Verhandlungen in Augsburg das erste große Bekenntnis (confessio) der Reformation. Nach dem Ort der Übergabe an den Kaiser - Augsburg - wird diese Schrift das Augsburgische Bekenntnis (Confessio Augustana) genannt. Noch heute werden evangelische Pfarrer u.a. auf dieses Bekenntnis hin ordiniert.

Nach dem Tode Luthers wird Melanchthon zum Wortführer der Reformation. Schon früh erkennt er, was dies für ihn bedeutet:

"Nachdem Luther aus diesem sterblichen Leben abgerufen ist, habe ich außer dem Schmerz noch mehr Sorgen und Arbeiten."

Zwar nicht unumstritten, so ist Melanchthon jedoch (nicht nur nach dem Tod Luthers) bis zu seinem Lebensende der herausragende Exponent der deutschen Reformation geblieben.


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